Bei einem Gespräch in der Sütterlinstube stellten wir fest,
dass es immer weniger Menschen gibt, die die alten deutschen
Schriften lesen oder gar schreiben können.
So kam ich auf die Idee, ob man das Schreiben und Lesen der
Sütterlinschrift nicht in der Volkshochschule unterrichten
könnte. Gesagt, getan. Ich zögerte nicht lange, nahm Kontakt
mit der VHS in Norderstedt auf und bekam einen
Gesprächstermin, zu dem mich Herr Dr. Hohn begleitete.
Der dort zuständige Herr war sofort begeistert von der Idee
und so wurde schon im nächsten Heft ein Kursus angeboten – mit
der Überschrift, dass die Sütterlinschrift unterrichtet werden
soll. Das Ergebnis war mager. Nur wenige Interessenten
meldeten sich und so versuchten wir es noch ein zweites Mal.
Doch wieder kam kein Kurs zustande. Ich wollte aufgeben, wurde
aber überredet, es mit einem neuen Konzept noch einmal zu
versuchen. In der Zwischenzeit habe ich aus Gesprächen mit
anderen Leuten mitbekommen, dass viele mit dem Begriff
„Sütterlin“ nichts anfangen konnten. Also versuchte ich es
noch einmal.
Es wurden weniger Stunden angeboten, damit der Kurs etwas
billiger wurde und nun sagten wir statt Sütterlinschrift –
alle alten deutschen Schriften. Was ja auch viel eher dem
Angebot entspricht.
Jetzt waren plötzlich viele Anmeldungen für den Kursus da.
Es gab sogar eine Warteliste. Nun, als ich den Unterricht
vorbereitete, stellte ich fest, dass ich zwar alles sehr gut
lesen konnte, aber dass ich beim Schreiben gar nicht mehr so
firm war. Ich übte also fleißig, schrieb alle Notizen,
Einkaufszettel etc. in Sütterlinschrift und wurde so bald
wieder sicher. Und doch hatte ich plötzlich Angst vor der
eigenen Courage und ging mit einem gewissen Bammel zur
ersten Unterrichtsstunde. Für mich war das ja etwas ganz
Neues.
Der Kursus begann mit 13 „Schülern“ zwischen etwa 25 und 60
Jahren. Ich musste, da mir nur 5 Abende zu 2 Stunden zur
Verfügung standen, ziemlich flott vorangehen. Aber
offensichtlich machte es allen Spaß und alle waren bei der
Sache. Wenn ich merkte, dass die Konzentration nachließ,
machte ich eine Pause und erzählte aus der Geschichte der
deutschen Schriften, machte auf die Bedeutung aufmerksam,
warum es so wichtig ist, dass die Kenntnis der Schrift
erhalten bleibt und erzählte Einiges aus der Übertragung
in der Sütterlinstube.
Ich bereitete zu jeder Stunde neue Texte mit den schon
erlernten Buchstaben vor, die die Teilnehmer in den Stunden
lesen oder schreiben mussten. Das war manchmal sehr mühsam,
weil ja zuerst die wichtigsten Buchstaben fehlten und wir
haben oft über die seltsam konstruierten Sätze gelacht.
Am Ende des Kurses konnten alle Teilnehmer – manchmal noch
etwas stockend – die Sütterlinschrift lesen und schreiben und
ich hatte das Gefühl, dass alle zufrieden waren - ich auch.
Mir selbst hat es Viel Freude gemacht die alten Schriften
zu unterrichten und es war für mich eine ganz neue Erfahrung
als Lehrerin zu agieren.
Auf den nächsten Kursus, der bald stattfindet, freue ich
mich schon und Bammel
habe ich jetzt auch nicht mehr.
Norderstedt im Jahre 2004
Hannelore Faroß †Hannelore Faroß †